Kultur - Gloasmoacher
ES IST EIN UNENDLICH KREUZ GLAS ZU MACHEN
„…dass die
Glasmacherkunst die letzte unter allen Künsten in der
ganzen Welt sein würde, denn wenn Gott dieses Weltgebäude
durch Gewalt des Feuers verzehren wird,
so wird alles zu Glas werden“.
Johann Kunckel (1630 -1703)
Die Glasmacher
Die Glasmacher - Siedlung
Weißglas
Schmelzöfen zur Zeit Johann Wenzels
Spiegelmanufaktur
Das Symbol für Glas von Julius Broul
Die Glasmacher
Durch Holz, durch Dickicht, Strauch und Zweig,
drei Männer, die es wagen,
bergauf, bergab im Waldbereich
sich einen Weg zu schlagen.
Der Kurfürst hat sie ausgesandt,
ein Hüttenwerk zu gründen
am Quell des Bachs, der rechter Hand
pflegt in den Main zu münden.
Die Sonne sank, der Abend naht,
der Wald, ernahm kein Ende.
Sie mühten sich auf engem Pfad,
zerkratzt Gesicht und Hände.
Vom Berg herab aus dunklem Wald
ins Tal sie eilig liefen,
da fanden sie die Quelle bald
und voller Freud’ sie riefen:
„Dies ist der RECHTE BACH zum Main
und recht in allen Dingen;
denn recht muß auch das Wasser sein,
soll gutes Glas gelingen!“
„Nun helf uns Gott zu unserm Werk
und alle guten Geister!”
So rief — es widerhallt am Berg —
Wenzel, der Hüttenmeister.
So haben sie mit Fleiß und Kraft
die Steine und die Bohlen
mit Schlitten übern Berg geschafft,
sie mußten Lehm auch holen,
den Ofen damit auszubaun,
man braucht ihn für die Fächer
des Holzwerks, das schön anzuschaun,
als Ziegel für die Dächer.
Und als die Hütte fertig war,
das Werk auch gut gemacht sich,
da schrieb man sechzehnhundert Jahr,
dazu noch achtundachtzig.
Das Glas, versandt in alle Welt,
es schmückt bei Kerzenschimmer
der Fürsten Säle und gefällt
den Damen auch im Zimmer.
Quelle: Chronik 300 Jahre Rechtenbach
Die Glasmacher - Siedlung
Glasbläser Harald Horn beim Kulturfest 2011
Glasbläser Harald Horn beim Kulturfest 2011
Glasfund Wenzel-Hütte
Modell der Johann Wenzel Glashütte von 1688. Es handelt sich um ein Modell, das anläßlich der 300 Jahrfeier von Ofenbauern aus Rechtenbach orginalgetreu nachgebaut wurde.
Doch, wie es geht im Zeitenlauf
auch schlechte Tage kamen.
Man gab deshalb die Hütte auf.
Es wechselten die Namen.
Franzosen holt der Fürst ins Land,
die nun als Gastarbeiter
das Hüttenwerk mit kund’ger Hand
betrieben emsig weiter.
Sie kamen an mit Weib und Kind
und für das Recht zu wohnen
mußt Mann und Weib und Hausgesind
dem Fürst beim Jagen fronen.
Allmählich Haus um Haus entsteht
am Fuß des Hüttenberges,
drin dachten sie noch abends spät
des schweren Tagewerkes.
Sie halfen sich mit Rat und Tat
und roden in den Wäldern,
soviel der Fürst genehmigt hat
zu ein paar kargen Feldern.
Die bauten sie mit Müh und Schweiß
und wehrten Sau und Hasen.
Das Futter reicht kaum für die Geiß,
sie mußt im Walde grasen.
Es reicht auch nicht fürs täglich Brot,
was Ähren trug der Acker.
Der Wald noch manche Nahrung bot,
sie nutzten alles wacker.
Beere und Nuß, der zarte Fisch
hat so das Mahl bereichert,
und was nicht gleich kam auf den Tisch,
ward für die Not gespeichert.
Hirsch, Sau und Reh zu jeder Frist
bringt Ackerfrucht zu Schaden.
So mancher feiste Rehbock ist
deshalb zu Fall geraten.
Statt daß er springt den Berg hinauf,
wo Eiche grünt und Tanne,
gerät er vor der Büchse Lauf
und endet in der Pfanne.
So gehn fast fünfzig Jahr vorbei
mit Arbeit, Freud’ und Sorgen.
Ist auch manch schwerer Tag dabei,
stets folgt ein neuer Morgen.
Quelle: Chronik 300 Jahre Rechtenbach
Weißglas
Die rd. 90 mehr oder weniger größeren Scherben die gefunden wurden, hatten überwiegend Wandstärken von 5-7 mm. Für die damalige Zeit ein ausgesprochen dickwandiges Glas, zumal auf zeitgleichen Spessarthütten Weißglas meist noch dünnwandig ist, um mehr Quantität zu erzielen. Auffällig ist auch die Brillanz der Scherben, sowohl im Spiegel- als auch im Hohlglas. Der in der Wenzelschen Zeitschicht beigefundene Schwerspat in Mehlform bis zu faustgroßen Stücken erklärt nicht nur die Notwendigkeit einer Stampfmühle (Pocherwerk), sondern auch die Glasbrillanz. Schwerspat (Baryt / BaSO4,) beeinflußt die Glasmasse in Richtung Bleiglas. Obwohl die spätere Schwerspatgrube (Christiane) diesen im Berg abbaute, finden sich auch heute noch zahlreiche, oberirdische Lesefunde. „...und habe ich dies im Glasmachen observieret...“ so der Alchimist und Glasmacher Johann Kunckel 1679. Das Rechtenbacher Schwerspatvorkommen könnte durchaus Anlaß für die Hüttengründung 1686 gewesen sein.
Pocherwerk einer Stampfmühle. Vom wassergetriebenen Mühlrad werden über eine hölzerne Zapfwelle die Pocherbetätigt - die darunter liegenden Quarzstücke zu Quarzsand zerstoßen.
Hütteninneres um 1679
A = Schürkanal des Schmelzofens
B = Schürer /Heizer
C = Öffnung des Kühlofens
D = Glasmacher mit großem Kölbel für Flasche oder Fensterglaszylinder; der Glasmacher links davon fertigt ein Stengelglas. Die Arbeitsbank besteht aus einer trogförmigen Arbeitsplatte (Marmor), Gabel zum Auflegen der Pfeife und Wanne am Boden für Glasabfälle (Recycling).
Hüttenmeister Wenzel verarbeitet für die damalige Zeit ungewöhnlich viel Salpeter. „Salpeters oder Steinsalzes Gebrauch zur Glasbereitung ist nun ganz abgekommen“ so wieder der Zeitgenosse Kunckel in seiner „Ars Vitraria experimentalis“.
Was war nun neu in der Rechtenbacher Glashütte? Inwieweit ist sie vergleichbar mit den Chrystallohütten in Schlesien, Böhmen und Thüringen?
Ofen mit langgezogenem, hölzernen Rauchabzug zur Reinigung von Arsenikerzen wobei im Ofen Kobalt gewonnen und Arsenik sublimiert, das im Rauchabzug anfangs als nichtmetallisches gelbes Arsen (As,) kondensiert wird.
1502 vermerkt „Meister Hoffhen beim Rappersborn“ erstmals weißes Glas. Für den Spessart ist dies der früheste Nachweis von Braunstein (Glasmacherseife/MnO2). Das im Braunstein enthaltene Manganoxyd färbt violett und komplementiert Grün zu Weiß.
Während Hüttenmeister Wenzel bei grünem und blaugrünem Glas noch Buntsandsteinquarz verwendet und diesen im Ofen durch Sauerstoffzufuhr in ein, zwei und dreiwertiges Eisenoxyd färbend steuert (Fe2+ - Ionen = blaugrün, Fe3+ - Ionen = gelblich), setzt er für blaue Römer eindeutig Kobalt zu. „Denn es ist ferner zu wissen, daß wenn dieser abgerauchte Cobolt, mit einem gewissen Theil Sand und Pottasche wieder versetzet und zum Glas geschmoltzen wird, ein dunkel und dickblaues Glas daraus wird.“
Johann Kunckel.
Glasbereitung mit 3 Öfen:
Der erste Ofen zum Bereiten der Glasfritte.
A = Heizraum
B = Schmelze und Reinigung der Fritte in der oberen Ofenkammer
C = Zerkleinern der gereinigten Fritte/Glasmasse für die Schmelze und Verarbeitung im zweiten Ofen (Schmelzofen). Im dritten Ofen wurden die fertigen Glaswaren abgetempert (Kühlofen).
Glasbereitung mit 2 Öfen:
Im kuppelförmigen wird gefrittet, geschmolzen, verarbeitet (Schmelzofen) und im dahinterliegenden, tunnelförmigen die Glasware abgetempert (Kühlofen). Bei diesem System gab es Varianten z.B. Fritten im Unterteil des Kühlofens.
A = Unterteilung von Heiz- und Schmelzraum
B+E = Schürloch des Schmelz- und Kühlofens
C = Schmelzraum mit Arbeitsöffnungen zur Glasentnahme mit der Pfeife
D = Schmelzhäfen (Wenzel verwendet konische u. zylindrische Häfen)
H = Tongefäßein denen die fertigen Glasgefäßegestellt
um im Kühlofen darin abgetempert zu werden
G = Öffnung zum Einführen der Tongefäße (H)
Schmelzöfen zur Zeit Johann Wenzels
„Von den Oefen haben etliche unter den Glasmachern 3 etliche 2 etliche aber nur einen im Gebrauch; Diejenigen, welche 3 Oefen haben, die kochen in dem ersten die Materia, solche schmeltzen und reinigen sie in dem anderen Gefässe, und andere gluende Sachen ab: Von diesen soll der erste Ofen gewölbt und gleich einem Backofen...“
„Diejenigen Glasmacher aber, welche zwey Oefen gebrauchen, die schmeltzen und calcinieren in dem ersten die vermischten Materien; und in dem anderen oder Glaß-Ofen, Schmeltzen sie diese Mixtur nicht nur allein wiederum, sondern sie legen auch die verfertigte Arbeit darein“ (Kühlofen).
„Diejenigen Glasmacher aber, so nur einen Ofen haben, die gebrauchen den andern, welcher 3 Gewölber hat; denn es werffen diese, wie die andere, die Materie deß Abends in die Töpffe, deß Morgens aber, wenn sie die Unreinigkeit und Gallen davon abgesondert, verarbeiten sie das Glaß, und fertigen die Glaß-Arbeit, welche sie, wie die vorigen in das oberste Gewölb setzen“.
Johann Kunckel
Glasbereitung mit einem Ofen
A = Heizraum (unteres Gewölbe)
B = Fritte- und Schmelzraum mit Arbeitsöffnungen (mittleres Gewölbe). Das obere Gewölbe ist Kühlraum.
Arbeitsgeräte: A = Pfeife, C = Marmelstein (Arbeitsplatte), E = Modell in Rippen und Buchtenform, D = Zange zum Auftreiben oder Einschnüren von Gläsern.
Quelle: Chronik 300 Jahre Rechtenbach
Ernst Tochtermann
Spiegelmanufaktur
Die Glashütte der "Kurmainzischen Spiegelmanufaktur".
Blick in eine Spiegelmanufaktur des 18. Jahrhunderts, wie sie Diderot und d’Alembertin ihrer „Encyclopedie“(Paris 1751 ff.) beschreiben: Herzstück der Fabrik ist der mächtige Gußtisch, auf den die Glasschmelze aus einem darüberhängenden Kasten geschüttet wird. Die Arbeiter Nr. 3 und Nr. 4 walzen die Masse zu einer Scheibe aus, der Arbeiter Nr. 12 reinigt den Tisch mit einem „Kehrhaken“.
Es ist oben schon gezeigt worden, daß es in Rechtenbach durchaus fehlerhaft und schädlich sei, Scheiben, geblasene und gegossene Spiegel zu gleicher Zeit zu machen. Bei der Scheibenarbeit muß billig die Geschicklichkeit und Fertigkeit der Arbeiter, vorzüglich zu Rechtenbach, belobet werden. Dort haben 12 Mann in eben der Zeit beinahe ebensoviel getan, als 22 Mann in Weibersbrunn. Dieses zeigt eines teils den Vorzug der Rechtenbacher Arbeiter und andern teils aber auch, daß in Weibersbrunn die Sache noch besser könnte eingerichtet werden.
In Ansehung der Fertigkeit bei der Arbeit für geblasene Spiegel ist nicht das Mindeste zu erinnern, ja es wäre besser, wenn man sich mehrere Zeit nehme und desto accurater arbeite. Denn hierin liegt ein großer Fehler, welcher manches Glas unbrauchbar macht oder wodurch die Glasmasse unnötig verschwendet wird. Die Spiegel werden nämlich öfter so dünn geblasen, daß sie unmöglich können geschliffen werden, an den Köpfen hingegen sind sie übermäßig dick, welches die Verschwendung der Glasmasse und unnötige Arbeit beim Schleifen verursacht. Auch bei den gegossenen Spiegeln in Rechtenbach bezeigen die Arbeiter viele Fertigkeit, allein die außerordentliche Unreinigkeit, welche teils von
der Anlage der Hütte, teils von Unachtsamkeit herrührt, ist Ursache, daß diese Arbeit so selten gerät.
Die Rechtenbacher Hüttenmeister verdienen vorzüglich das Lob, daß sie soviele Einsicht haben, als man von Leuten, die bloß Handarbeiter waren, retendiren kann. Der junge Hüttenmeister Amrhein zu Rechtenbach besonders ist ein fähiger Kopf, der mit der Zeit, wenn er gute Anleitung bekommt, ein sehr brauchbarer Mann werden kann.
Fehlerhaft ist es in Rechtenbach, daß die Hüttenmeister so wie alle übrige Arbeitsleute mitarbeiten müssen. Hierdurch verlieren sie das Ansehen und die Achtung, welchen Vorgesetzten von dieser Art gebühret. Die Zeit, welche auf Achtsamkeit, über Ordnung, über den richtigen Verbrauch der Materialien und Führung der Rechnung sollte aufgewandt werden, müssen diese Leute arbeiten und ermüdet von der Arbeit ist nun keine genaue Aufsicht von ihnen zu prätendiren.
Da die meisten Materialien inmediat auf die Hütte geliefert werden, so sind die Hüttenmeister die eigentlichen Empfänger und sollten die Lieferanten kontrollieren. Da aber das meiste auf Treu und Glauben angenommen wird, da auf keiner Hütte ein richtiges Maß oder Gewicht vorfindlich ist, mithin das Gewogene falsch angegeben wird, so hülft diese Kontrolle gar nichts. Die Ausgaben der Materialien verrichtet und verrechnet der Hüttenmeister ganz allein. Die Monatsstatus der Hüttenmeister enthalten in ganzen Summen den Material- und Warenvorrat, das monatliche consumo und Abgabe an Waren, die hinzu gekommenen Waren und was von allem übrig bleibt. Ferner die verschiedenen Verdienstzettel der Holzhauer, Fuhrleute, Taglöhner etc. Diese werden von dem Hüttenmeister ausgestellt und darin die geschehene Arbeit bemerkt, der Verdienst aber wird von dem Verwalter ausgeworfen und demnächst vom Buchhalter bezahlt.
Das Symbol für Glas von Julius Broul
Das Symbol für Glas
Im Jahr 1948 wurde auf der Umschlagseite des 22.Jahrgangs der Zeitschrift GLASTECHNISCHE BERICHTE der Deutschen Glastechnischen Gesellschaft in Frankfurt am Main beim Wiedererscheinen der Zeitschrift nach dem 2.Weltkrieg ein geheimnisvolles Zeichen verwendet: die liegende Acht auf dem Kreuz. Dieses Zeichen hatte für viele zunächst keine besondere Bedeutung. Man sah es als das scherzhafte und doch wahre Sprichwort der Glasmacher an: „Es ist ein unendliches Kreuz, Glas zu machen“. Erst später wurde bekannt, dass das Zeichen ein Symbol für Glas darstellt und einen tieferen Sinn besitzt.
Die liegende Acht, die aus zwei Schleifen zusammengesetzt ist, stellt eigentlich zwei Zustände eines Stoffes dar, den flüssigen und den festen Zustand. Auf der linken Seite befindet sich der Stoff im flüssigen Zustand, als Glasschmelze, auf der rechten Seite befindet er sich im festen Zustand, jedoch nicht als Kristall. Er bleibt weiterhin im flüssigen Zustand, erscheint nur nach außen als fester Stoff, als Glas. Das stimmt auch mit der alten Definition des Glases überein, die besagt, dass das Glas eine unterkühlte Flüssigkeit ist. Die liegende Acht bedeutet also auch das unendliche Nachsinnen und den endlosen Streit um das, was eigentlich Glas sei.
Das auf dem Kopf stehende Kreuz bedeutet ein Schwert, wie es Friedrich Holl in seiner Deutung darstellt [] Holl, F. : Symbol für Glas . In: F. Holl (Hrsg): Die Poesie des Glases. Sonderdruck aus den Werkskurznachrichten „Der Motzer“. Nr. 60/1993. Grazer Glasfabrik Ag]. Auf der Spitze balanciert die liegende Acht gerade im Übergangsbereich zwischen den beiden Zuständen Glasschmelze und Glas, somit ein instabiles Gleichgewicht symbolisierend. Das Schwert ist aus Metall geschmiedet und stellt das Machtsymbol der Herrschaft über die Natur dar, leider aber auch das der Herrschaft über den Menschen. Seit zweitausend Jahren zwingt der Glasmacher der glühenden Glasschmelze mittels der metallenen Glasmacherpfeife, gleichsam wie mit einem Schwert, seinen Willen auf. Die eleganten Bewegungen des Glasmachers bei seiner Arbeit erinnern an die Bewegungen des Fechters.
Das Glas ist ewig, und seine Ewigkeit ist im Glassymbol durch die liegende Acht, die mathematische Unendlichkeit, sehr schön und wahr ausgedrückt.
Entnommen aus: Glastech. Ber. Glass Sci. Technol. 72 (1999) Heft 4, Seite N39-N40
Quelle: www.hvg-dgg.de